DFG-Projekt Marienbibliothek Halle
Bereits seit dem 01.05.2022 läuft in der Marienbibliothek Halle ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes Projekt. Es ist auf drei Jahre angelegt und wird planmäßig zum 30.04.2025 enden.
Die Marienbibliothek Halle gilt als die älteste und umfangreichste ununterbrochen öffentlich zugängliche evangelische Kirchenbibliothek in Deutschland. Ihre Gründung Mitte des 16. Jahrhunderts geht auf die Initiative des damaligen Superintendenten und Pfarrers an der Kirche „Unser Lieben Frauen“ Sebastian Boetius zurück: Nach ersten Buchwerbungen seit 1552 wurde die Bibliothek 1560 gestiftet, und dies - typisch für die Entstehung evangelischer Kirchenbibliotheken, die in ihrer Größe über den unmittelbaren Bedarf der Pfarrer für die Berufsausübung hinausgingen - mit einem Aufruf der städtischen Geistlichkeit an die Stadtobrigkeit und die Gemeinde, den Aufbau der Bibliothek durch Schenkungen von Geld und Büchern zu unterstützen. Bis zur Gründung der Halleschen Universität im Jahr 1694 blieb die Marienbibliothek die einzige öffentliche Bibliothek in Halle. Seit der Fertigstellung eines eigenen Bibliotheksgebäudes im Jahr 1610 wird sie durch einen vom Kirchenkollegium gewählten Bibliothekar verwaltet. Heute befindet sich die Bibliothek in einem typischen Bibliotheksbau des ausgehenden 19. Jahrhunderts.
In die Marienbibliothek sind vier umfangreiche, geschlossen erhalten gebliebene Gelehrtenbibliotheken aus dem 17. und 18. Jahrhundert eingegangen. So zählen neben wertvollen Bibelausgaben, theologischen Werken und einer umfangreichen Sammlung von Gesangbüchern auch Drucke anderer Wissenschaftsbereiche, wie z.B. Medizin, Geographie, Astronomie, Physik und Chemie, aber auch der frühen Reiseliteratur zum Bestand. Er umfasst heute ca. 36.000 Bände, darunter mehr als 400 Inkunabeln und ca. 300 Handschriften.
Von Bedeutung ist der Buchbestand der Marienbibliothek u.a. für die reformationsgeschichtliche Forschung, insbesondere durch die Privatbibliotheken der Reformationszeit. Vor allem die Sammlung der Familie von Selmenitz mit ihren direkten Beziehungen zu den Wittenberger Reformatoren ist von wissenschaftlichem Interesse.
Das DFG-Projekt:
Anliegen des DFG-Projekts ist die formale und provenienzgeschichtliche Erschließung des historischen Kernbestandes der Marienbibliothek, des „Corpus bibliothecae“.
Auf Initiative der „Arbeitsgruppe Historische Bibliotheken“ der EKM wurde ein Kooperationsprojekt zwischen der Universitäts- und Landesbibliothek Halle und der Universitätsbibliothek Leipzig vereinbart. Für letztere ist die bibliothekarische Erschließung der zur Marienbibliothek gehörenden Buchbestände ehemaliger sächsischer Klöster von besonderem Interesse.
Innerhalb des DFG-Projekts verantwortet die Universitätsbibliothek Leipzig die Katalogisierung, während die Universitäts- und Landesbibliothek Halle für die Digitalisierung zuständig ist. Die Bereitstellung der technischen Infrastruktur sowie die Langzeitarchivierung der Digitalisate wird von der Universitäts- und Landesbibliothek Halle übernommen.
Neben dem „Corpus bibliothecae“ werden die Bestände der Kirchenbibliotheken St. Ulrici Sangerhausen und St. Marien Weißenfels sowie kleinerer Kirchenbibliotheken in den Verbundkatalog des Gemeinsamen Bibliotheksverbundes (GBV) katalogisiert und im Gesamtkatalog der Wiegendrucke (GW) sowie in den Verzeichnissen der Drucke des 16. Jahrhunderts bzw. des 17. Jahhunderts (VD16 bzw. VD17) nachgewiesen. Insgesamt sind das ca. 12.000 Titel.
Von allen Titeln, die noch nicht im VD16 und VD17 nachgewiesen sind bzw. die dort nachgewiesen sind, deren Digitalisierung jedoch noch nicht erfolgt und auch nicht zu erwarten ist, werden Digitalisate angefertigt. Dazu gehört z.B. das Septembertestament aus dem Besitz der Felicitas von Selmenitz.
Kontakt:
Marienbibliothek Halle
An der Marienkirche 1
06108 Halle (Saale)
Bibliotheksleiterin Anke Fiebiger
Telefon: 0345/5170893
E-Mail: info@marienbibliothek-halle.de
https://www.marienbibliothek-halle.de